OLG Nürnberg: Verbraucherfreundliches Urteil im Audi-Abgasskandal


Das Oberlandesgericht Nürnberg hat im Diesel-Abgasskandal ein weiteres verbraucherfreundliches Urteil (Download-Link Urteil) gefällt. In dem Rechtsstreit, den die prozessbevollmächtigte Kanzlei Manes gegen die Audi AG führte, bejahte das Oberlandesgericht Nürnberg eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) durch die Audi AG.


In der von Audi beim Vorliegenden 3.0 TDI Motor verwendeten „Aufheizstrategie“ sah das OLG eben keine Parallele zur aktuell vom EuGH entschiedenen Thermofenster-Frage, zu der der BGH Anfang Juni noch ein Urteil fällen wird. Viel mehr liege hier eine eigene unzulässige Abschalteinrichtung vor, die vergleichbar mit der sei, die VW damals beim Skandalmotor EA189 verwendete. Es liege eine ähnliche „Umschaltlogik“ und Prüfstandbezogenheit vor, die bei diesem Motor für eine Sittenwidrigkeit sprächen. Die streitgegenständliche Technologie sei „faktisch auf den Prüfstandbetrieb zugeschnitten und damit auf Täuschung ausgelegt“.

Das Oberlandesgericht sieht beim Vorsatz keine Probleme

In der Vergangenheit war es bei vergleichbaren Fällen schwierig gewesen, zu beweisen, dass mindestens ein Vorstandsmitglied von der Manipulation der Fahrzeuge gewusst hat. Diese Voraussetzung ist aber für eine Verurteilung notwendig, da § 826 Vorsatz – also Absicht – bei der Schädigung verlangt. Der Senat sah es hier aber in der Gesamtschau als erwiesen an, dass zum Zeitpunkt des Kaufvertrages mindestens ein handelnder Repräsentant der Audi AG „an der Entscheidung über die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung beteiligt gewesen ist“. Der Motor sei ein zentrales Element der KFZ-Herstellung. Die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sei eine sich weltweit auswirkende, grundlegende Entscheidung, die mit erheblichen Risiken und persönlichen Haftungsrisiken verbunden sei. 


Dieser Punkt könnte in Zukunft noch weniger problematisch werden, da der Ex-Vorstandschef der Audi AG jüngst, in einem Strafprozess gegen ihn, gestanden hat, von den unzulässigen Abschalteinrichtungen in Audi Fahrzeugen gewusst zu haben.


Derzeit viel Bewegung im Abgasskandal


Die Automobilkonzerne kommen im Abgasskandal auch weiter nicht zur Ruhe, ganz im Gegenteil. Nachdem jüngst der EuGH urteilte, dass die sogenannten „Thermofenster“ europarechtlich durchaus eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellen können, muss zu dieser Frage Ende diesen Monats nun auch der BGH urteilen, wie er mit der höchst verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des EuGH umgehen wird. In der mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2023 ließ die vorsitzende Richterin bereits durchblicken, dass sie sich unter gewissen Voraussetzungen durchaus einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB bei den in vielen Fahrzeugen zum Einsatz kommenden sog. Thermofenstern vorstellen könnten. Für diesen ist seitens der Hersteller lediglich Fahrlässigkeit erforderlich, die deutlich einfacher nachzuweisen ist. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs ließen der Senat aber noch offen.


Spannend bleibt auch, wie es in der Rechtmittelinstanz nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig weiter geht. Dort hatten die Richter nach einer Klage der deutschen Umwelthilfe gegen das Kraftfahrtbundesamt geurteilt, dass Thermofenster unzulässige Abschalteinrichtungen sind.

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