Im vorliegenden Fall sieht das Landgericht Saarbrücken die FCA Italy S.p.A. als Verantwortliche der Abgasmanipulationen.
In Folge einer ausführlichen Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist die 12. Kammer des Landgerichts Saarbrücken zu der Überzeugung gelangt, dass Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen die Beklagte bestehen, wenn der nun zu beauftragende Sachverständige den klägerischen Vorwurf, dass die Abgasreinigung des streitgegenständlichen Fahrzeugs nur auf dem Prüfstand die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, bestätigt (LG Saarbrücken, Beschluss vom 23. Juli 2021, Az. 12 O 18/21). Die Klägerin ist Eigentümerin eines Wohnmobils des Typs Westfalia Columbus 640E, 2,3 Liter, Euro 6Y). Nach den Informationen der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ist die Motorsteuerungssoftware derart manipuliert, dass die Abgasreinigung des Motors jeweils ca. 22 Minuten nach Start des Motors weitgehend deaktiviert wird. Der NEFZ-Prüfzyklus, nach dem der Motorentyp zertifiziert ist, dauert etwa 20 Minuten. In diesem klägerischen Vortrag sieht die entscheidende Kammer eine unzulässige Manipulation der Abgasreinigung. Das Argument der Beklagten, das Fahrzeug verhalte sich innerhalb und außerhalb des Prüfzyklus gleich, daher könne keine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegen, ließ das Gericht nicht gelten.
Bemerkenswert ist zudem, dass der Kläger gegen alle Einwendungen der Beklagten darlegen konnte, dass die beklagte FCA Italy S.p.A. für die Implementierung der unzulässigen Funktion verantwortlich ist und der Vorstand oder zumindest leitende Mitarbeiter involviert waren. Um diese Annahme des Gerichts zu widerlegen, müsste die Beklagte nun einen sog. Negativbeweis antreten, was in der Praxis nicht gelingen dürfte.
Bereits das Landgericht Görlitz hatte den Autokonzern wegen Abgasmanipulationen bei einem Wohnmobil auf Basis des Fiat Ducato per (Teil-)Versäumnisurteil vom 11. Mai 2021 zu Schadenersatz verurteilt (Az.: 5 O 28/21).
Der Kläger hatte Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei seinem Wohnmobil Challenger 398 XLB geltend gemacht. Basis des Wohnmobils ist der Fiat Ducato mit 2,3-Liter-Motor. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass bei dem Modell die Abgasnachbehandlung schon nach ca. 22 Minuten deaktiviert wird. Damit ist sie lange genug für den rund 20-minütigen Testzyklus aktiv und hält dadurch im Prüfmodus die Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß ein. Unter normalen Betriebsbedingungen würden die Grenzwerte jedoch deutlich überschritten. Daher handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung.
Da sich Fiat zu den Vorwürfen nicht äußerte, folgte das LG Görlitz der Argumentation des Klägers und sprach ihm mit Versäumnisurteil Schadenersatz zu.
Auch das LG Koblenz hatte bereits Fiat Chrysler Automobiles (FCA) in einem durch uns geführten Verfahren mit Versäumnisurteil vom 1. März 2021 zu Schadenersatz verurteilt (Az.: 12 O 316/19). Dabei ging es um Abgasmanipulationen bei einem Wohnmobil Roller Team Zefiro 266TL, ebenfalls auf Basis eines Fiat Ducato mit 2,3-Liter-Multijet-Motor.
Fiat äußerte sich in dem Koblenzer Verfahren zwischenzeitlich zu den Vorwürfen; die fadenscheinigen Einwendungen der Gegenseite halten wir allerdings für nicht durchgreifend.
Hinweise auf unzulässige Anschalteinrichtungen bei Fiat haben sich im Sommer 2020 verdichtet, als die Staatsanwaltschaft Frankfurt Büroräume von FCA in Deutschland, der Schweiz und Italien durchsuchen ließ. Dabei ging es um den Verdacht unzulässiger Abschalteinrichtungen bei Dieselfahrzeugen der Marken Fiat, Alfa Romeo, Jeep und Iveco.
Damit hat der Abgasskandal die Wohnmobile erreicht, denn der Fiat Ducato stellt ebenso wie der Iveco Daily die Basis für viele Wohnmobile unterschiedlicher Hersteller dar.
Die Urteile der Landerichte Koblenz, Görlitz und Stade sind zwar noch nicht rechtskräftig, wir gehen aber aufgrund der uns vorliegenden Unterlagen in Kombination mit den Erfahrungen aus dem VW-Abgasskandal davon aus, dass sich der FCA-Konzern (nunmehr Stellantis) letztendlich nicht erfolgreich gegen die Vorwürfe verteidigen kann.
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Update - Erfahren Sie mehr über den Abgasskandal bei Fiat:
Beweisbeschluss vor dem Landgericht Saarbrücken gegen FCA Italy S.p.A.
Versäumnisurteil des Landgericht Koblenz
Fiat Abgasskandal – weiterer Erfolg – LG Bielefeld